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Die Menge an Fettsäuren, die über das Blut in die Gewebe transportiert und dort abgelagert wird, wird von einer Vielzahl von Faktoren bestimmt. Forscher des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) haben nun einen dieser Faktoren als das Protein EHD2 identifiziert.

Fehlt dieses Protein vollständig, nehmen fettspeichernde Zellen deutlich mehr Fettsäuren aus der Zellumgebung auf. Dr. Claudia Matthaeus hat dieses Phänomen während ihrer Arbeit am MDC erstmals im braunen Fettgewebe von Mäusen beobachtet. Besonders spannend findet sie, dass EHD2 offenbar auch im menschlichen Fettstoffwechsel eine Schlüsselrolle spielt. „Wir haben herausgefunden, dass übergewichtige Menschen weniger EHD2 produzieren als normalgewichtige“, sagt Matthaeus. Warum das so ist, ist noch nicht klar. Matthaeus und ihre Kollegen, darunter auch Forscher aus der MDC-Forschergruppe um Professor Oliver Daumke, gehen aufgrund der neuen Erkenntnisse davon aus, dass EHD2 einen Stoffwechselweg steuert, der die Fettsäureaufnahme in Fettzellen reguliert. Dieser Weg ist bei Fettleibigkeit verändert, schreiben die Forscher in der Fachzeitschrift PNAS.

Die zelluläre Aufnahme von Fett erfolgt, indem Teile der Zellmembran abgeklemmt werden

Oliver Daumke ist mit EHD2 schon lange vertraut. Seit mehr als zehn Jahren charakterisiert der Strukturbiologe die Struktur und den Mechanismus dieses Proteins. Als Membranprotein befindet sich EHD2 im Inneren von Muskel- und Fettzellen. Bei der Einwärtsfaltung der Zellhülle bilden sich kleine flaschenförmige Membranstrukturen, so genannte Caveolae. Diese Einstülpungen verbleiben entweder an der Oberfläche der Zellmembran oder sie klemmen ab und transportieren Fremdmaterial – wie Fettsäuren – in die Zelle. Dieser Vorgang wird als Endozytose bezeichnet, erklärt Daumke. Der Forscher vermutet, dass sich das EHD2-Protein zu ringförmigen Strukturen um den Hals des Membrangefäßes sammelt und so den Abschnürungsprozess behindert. Fehlt EHD2 als Stabilisator, so ist Daumke überzeugt, kneifen die Caveolae häufiger ab und die Zelle nimmt mehr Fett auf.

Genau das untersuchten Matthaeus und ihre Kollegen. Die Forscher arbeiteten mit Mäusen, bei denen das EHD2-Gen ausgeschaltet worden war. Mit dem Elektronenmikroskop beobachtete Matthaeus, dass sich im Vergleich zu normalen Mäusen viel mehr Caveolae von der Plasmamembran gelöst hatten. Außerdem konnte sie feststellen, dass die Fettsäureaufnahme in Zellen ohne EHD2 größer war und dass die Lipidtropfen, also die intrazellulären Fettansammlungen, in diesen Zellen größer waren.

Übergewicht beeinflusst die EHD2-Produktion

Matthaeus fragte sich, ob sie auch beim Menschen einen Einfluss von EHD2 auf den Fettstoffwechsel beobachten könnte. Also untersuchte sie zusammen mit einem Kollegen von der Universität Leipzig Gewebeproben von Männern und Frauen mit unterschiedlichem Körpergewicht. Schnell stellte sie fest, dass bei übergewichtigen Menschen (Body-Mass-Index von 25 oder höher) die Zellen weniger EHD2 produzieren als bei schlanken Menschen. Die Forscherin vermutet, dass es einen Zusammenhang zwischen dem häufigen Abklemmen der Membran und der Bildung von Fettdepots gibt. „Wir haben beobachtet, dass bei Fettleibigkeit die Anzahl der Caveolae und ihre Ablösung von der Membran aus dem Takt geraten“, sagt Matthaeus.

Im November verließ Matthaeus das MDC, um eine Stelle an den National Institutes of Health in den USA anzunehmen. Dort will sie ihre Forschungen zu Caveolae und Fettstoffwechsel fortsetzen. „Es gibt noch viele unbeantwortete Fragen“, sagt Matthaeus. Ihr besonderes Interesse gilt nun dem Transport von Fettsäuren innerhalb der Zelle und der Bildung von Lipidtröpfchen.

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