Die vorliegende Studie war die erste, in der die Zusammenhänge zwischen der Blutviskosität und der Nierenfunktion sowie der Albuminausscheidung im Urin vor dem Auftreten von Nierenschäden bei EHT ermittelt wurden. Die wichtigsten Ergebnisse der Studie lauten wie folgt. Eine erhöhte Blutviskosität korrelierte mit einer reduzierten Nierenfunktion und einer erhöhten Albuminausscheidung im Urin. Darüber hinaus war die Blutviskosität eine unabhängige Determinante der Nierenfunktion und der Albuminurie bei EHT.
Faktoren, die möglicherweise die Blutviskosität bei EHT bestimmen
Eine erhöhte Blutviskosität findet sich häufig bei Patienten mit Adipositas oder metabolischem Syndrom.16, 21 Die Blutviskosität hängt auch von der Plasmaviskosität, der Steifigkeit der roten Blutkörperchen und dem Hämatokrit ab.21, 23 Im Gegensatz dazu wird die Plasmaviskosität durch Dyslipidämie, Insulinresistenz, Entzündungen und Plasmafibrinogen beeinflusst.16, 17, 18, 19 In der vorliegenden Studie korrelierte die Blutviskosität positiv mit dem BMI, der Plasmaviskosität und dem Hämatokrit, obwohl die Steifigkeit der roten Blutkörperchen nicht bewertet wurde. Darüber hinaus korrelierte die Plasmaviskosität positiv mit Triglyceriden, Plasmafibrinogen und hochempfindlichem C-reaktivem Protein, aber negativ mit HDL-Cholesterin, was mit früheren Berichten übereinstimmt.16, 17, 18, 19 Aus diesen Ergebnissen geht hervor, dass die Blutviskosität durch das Ausmaß der Fettleibigkeit, die Hämokonzentration und die Plasmaviskosität bei EHT ohne offensichtliche Nierenerkrankung bestimmt werden könnte.
Auswirkungen einer erhöhten Blutviskosität auf die Niere bei EHT
Es würde den Rahmen dieser Studie sprengen, einen kausalen Zusammenhang zwischen erhöhter Blutviskosität und eingeschränkter Nierenfunktion oder erhöhter Albuminurie bei EHT ohne offensichtliche Nierenschädigung herzustellen. Unsere Ergebnisse könnten jedoch wie folgt erklärt werden. Nach dem Hagen-Poiseuille-Gesetz führt eine erhöhte Blutviskosität zu einem verringerten Blutfluss und einem erhöhten Gefäßwiderstand in den Nierengefäßbetten.1 Insbesondere kann die durch die Blutviskosität bedingte Erhöhung des Gefäßwiderstands in den efferenten Arteriolen der Niere aufgrund der Hämokonzentration durch die glomeruläre Filtration am stärksten ausgeprägt sein.4, 5 Ein erhöhter Gefäßwiderstand in den efferenten Arteriolen könnte den Gegendruck zu den glomerulären Gefäßen hin erhöhen und dadurch den intraglomerulären Druck erhöhen, um die glomeruläre Filtration angesichts des reduzierten renalen Blutflusses aufrechtzuerhalten.4, 5
Die glomeruläre Filtrationsrate kann durch die oben genannten Veränderungen des renalen Blutflusses und des intraglomerulären Drucks beeinflusst werden.28 Die durch die Blutviskosität vermittelte Verringerung des renalen Blutflusses erhöht nämlich die transglomeruläre Differenz des onkotischen Drucks während der Filtration und verringert dadurch den glomerulären Ultrafiltrationsdruck und die glomeruläre Filtrationsrate.29 Im Gegensatz dazu erhöht der durch die Blutviskosität vermittelte Anstieg des intraglomerulären Drucks den transglomerulären hydraulischen Druckgradienten während der Filtration, wodurch der glomeruläre Ultrafiltrationsdruck und die glomeruläre Filtrationsrate steigen. In der vorliegenden Studie könnte der Nettoeffekt der Erhöhung der Blutviskosität zu einer Verringerung der Kreatinin-Clearance führen. Darüber hinaus kann eine durch die Blutviskosität vermittelte Erhöhung des efferenten arteriolären Widerstands sowie des systemischen Blutdrucks den intraglomerulären Druck erhöhen und dadurch die glomeruläre Permeabilität gegenüber Proteinen verändern, was zu einer erhöhten Albuminausscheidung im Urin führt.4, 5, 26, 27 Ein erhöhter Gefäßwiderstand in den efferenten Arteriolen kann auch den peritubulären kapillaren Blutfluss verringern und dadurch eine interstitielle Ischämie verursachen,4, 5, 6 wie bei der kontrastmittelinduzierten Nephropathie berichtet.9, 10 Diese aufeinander folgenden Ereignisse könnten die möglichen Mechanismen erklären, durch die eine erhöhte Blutviskosität die renalen Gefäßbetten bei EHT ohne Nierenschäden beeinflussen kann. Es ist jedoch bekannt, dass bei EHT der intraglomeruläre Druck aufgrund einer verstärkten Vasokonstriktion an den präglomerulären Widerstandsgefäßen nicht immer erhöht ist.30 Außerdem ist es unwahrscheinlich, dass eine glomeruläre Ischämie, die durch eine präglomeruläre Vasokonstriktion ausgelöst wird, die Albuminausscheidung im Urin bei EHT erhöht. Daher muss die renale Hämodynamik untersucht werden, um eine endgültige Schlussfolgerung über den Mechanismus der durch die Blutviskosität induzierten Einflüsse auf die Nierengefäße bei EHT zu ziehen.
In der vorliegenden Studie war die Blutviskosität mit der Kreatinin-Clearance assoziiert, nicht jedoch die Plasmaviskosität. In der Mikrozirkulation wie den glomerulären Kapillaren neigen die korpuskularen Elemente des Blutes dazu, zur Mittellinie des Flusses zu wandern, und die Plasmaschicht steht in direktem Kontakt mit der Gefäßwand.31 Daher scheint es wahrscheinlich, dass eher die Plasmaviskosität als die Blutviskosität den glomerulären Kapillarfluss und die glomeruläre Filtration beeinflussen könnte. Dies war bei dem vorliegenden Ergebnis jedoch nicht der Fall.
Klinische Implikationen
Eine verminderte Nierenfunktion und/oder eine erhöhte Albuminurie spiegeln weit verbreitete kardiovaskuläre Schäden sowie glomeruläre Beeinträchtigungen wider und weisen auf ein erhöhtes Risiko für zukünftige kardiovaskuläre und Nierenerkrankungen hin.32, 33, 34, 35 In der vorliegenden Studie wurde eine erhöhte Blutviskosität mit einer verminderten Nierenfunktion und einer erhöhten Albuminausscheidung im Urin bei EHT ohne Nierenerkrankung in Verbindung gebracht, obwohl sich die hämorheologischen Variablen nicht zwischen EHT und normotensiven Personen unterschieden. Dieser Befund deutet darauf hin, dass eine erhöhte Blutviskosität schädlich genug sein könnte, um bei EHT im Gegensatz zu normotensiven gesunden Probanden eine Nierenschädigung zu verursachen.
Zusammen mit der Entwicklung von Nierenschäden könnte eine renale Anämie auftreten und die Nierenischämie durch eine verminderte Sauerstoffversorgung bei EHT beschleunigen. Daher könnte eine Korrektur der renalen Anämie empfohlen werden, um die verringerte Sauerstoffzufuhr zu lindern und die Nieren vor ischämischen Verletzungen zu schützen.36 Klinische Studien haben jedoch gezeigt, dass die Korrektur der Anämie durch eine Erythropoietin-Therapie bei Patienten mit chronischer Nierenerkrankung keine kardiovaskuläre Schutzwirkung hat.36 Außerdem war die Inzidenz kardiovaskulärer Ereignisse vor allem bei den Patienten höher, die mit einem höheren Hämatokrit-Zielwert behandelt wurden.37 Dieser Befund spricht dafür, dass die durch die Erythropoetin-Therapie induzierte Hyperviskosität den Blutfluss verringern könnte, was zu ischämischen Schäden in lebenswichtigen Organen führt. Somit wird eine erhöhte Blutviskosität als einer der wichtigsten kardiovaskulären Risikofaktoren sowohl im fortgeschrittenen als auch im frühen Stadium der essentiellen Hypertonie angesehen.
Studieneinschränkungen
Die vorliegende Studie war aus mehreren Gründen eingeschränkt. Erstens konnten wir aufgrund des Beobachtungscharakters dieser Studie keinen kausalen Zusammenhang zwischen erhöhter Blutviskosität und Nierenfunktionsstörung oder Albuminurie bei EHT bestätigen. Unsere Ergebnisse deuten jedoch auf einen negativen Einfluss der Blutviskosität auf die Nierengefäßbetten vor dem Auftreten einer offensichtlichen Nierenerkrankung bei EHT hin. Weitere Längsschnittstudien sind erforderlich, um die klinischen Auswirkungen der Blutviskosität auf die Pathogenese von Nierenschäden bei EHT zu untersuchen. Zweitens sollten therapeutische Maßnahmen, die die Hämorheologie des Blutes beeinflussen, daraufhin untersucht werden, ob sie zur Verhinderung von Nierenschäden wirksam sind. Insbesondere Alpha-1-Blocker könnten empfohlen werden, da sie nicht nur die Blutviskosität, sondern auch die Albuminurie bei EHT verringern.38, 39 Drittens stützen unsere Daten nicht die Annahme, dass eine erhöhte Albuminausscheidung im Urin eine systemische endotheliale Dysfunktion bei EHT widerspiegeln könnte.40 Da die Endothelfunktion in unserer Studie nur anhand von Plasma-NOx geschätzt wurde, hätten zur genauen Bewertung der Endothelfunktionen auch Messungen anderer von Endothelzellen freigesetzter Substanzen, wie Prostazyklin, oder des Blutflusses während der reaktiven Hyperämie durchgeführt werden müssen.41, 42 Viertens schien in der vorliegenden Studie der Wert der Kreatinin-Clearance je nach Alter relativ hoch zu sein, was möglicherweise auf eine erhöhte tubuläre Sekretion von Kreatinin in den Urin zurückzuführen ist.43 Zur Messung der glomerulären Filtrationsrate hätte eine genaue und zuverlässige Methode wie die Inulin-Clearance verwendet werden sollen. Schließlich sollten EHT in fortgeschrittenen Stadien mit Nierenerkrankungen untersucht werden, da die Patienten mit Nierenerkrankungen mit einer erhöhten Blutviskosität in Verbindung gebracht werden könnten.44
Auch wenn die Ergebnisse dieser Studie aus diesen Gründen begrenzt sind, weisen sie darauf hin, dass eine erhöhte Blutviskosität ein Risiko für Nierenschäden vor der Entwicklung einer Nierenerkrankung bei EHT darstellt.